Wenn der beste Freund plötzlich vergisst
Zur Zeit betreue ich den alten Hund -16 Jahre wohlgemerkt- einer Freundin. Diesen hat sie von ihrer Mutter übergenommen, als diese verstorben war. Der Hund zählte da schon 12 Lenze. Letzte Woche stand ich im Flur. Der Hund auch. Wir schauten uns beide an. Ich wollte in die Küche, er wahrscheinlich auch – aber er blieb einfach stehen. Kein Schwanzwedeln. Kein Erkennen in den Augen. Einfach nur Leere. Ich dachte erst, na gut, er ist halt alt. Aber dann wurde es häufiger. Dieses Rumstehen. Dieses Nichtwissen, was gerade los ist.
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Und irgendwann traf’s mich wie ein Vorschlaghammer im Herz: Der Hund ist dement. Nicht nur grau um die Schnauze, sondern auch innen drin. Im Kopf. Da, wo früher der Ball nicht schnell genug fliegen konnte, ist jetzt manchmal Nebel. Gedankennebel. Manchmal auch ein bisschen Vergessen.
Demenz bei Hunden oder Canines kognitives Dysfunktionssyndrom (CCD) klingt erstmal nach einem dieser Tierarztwörter, die man googelt und dann gleich wieder wegdrückt, weil’s einem die Kehle zuschnürt. Aber es ist real. Es ist hier. Und es ist gar nicht so selten, wie man denkt. Nur redet halt keiner gerne drüber.
Wie ein alter Opa, der nachts durch den Flur irrt
Kennst du das, wenn ein alter Mensch nachts aufsteht, weil er vergessen hat, dass es Nacht ist? So ist das bei vielen Hunden auch. Sie werden unruhig, laufen im Kreis, schlafen tagsüber und sind nachts wach. Du denkst erst, naja, vielleicht war’s zu warm. Oder er musste mal raus. Aber irgendwann merkst du: Da stimmt was nicht.
Ich habe meinen Pflegehund nachts zitternd im Garten gefunden. Er wusste nicht mehr, wie er zum Haus zurückkommt. Auch vor der Terrassentür, obwohl er sie sein Leben lang kannte wie seine Westentasche. Er wusste einfach nicht mehr wie er reinkommen sollte. Oder er wollte raus um sich zu lösen und hatte es dann vergessen. Die „Bescherung“ lag danach vor der Türe – von innen.
Keine Liste, sondern eine Geschichte
Ich könnte dir jetzt zehn Symptome auflisten, aber das fühlt sich an wie ein Bedienungszettel für einen Toaster. Und das hier ist keine Maschine. Das ist ein Hund. Unser Freund. Unser Familienmitglied. Was du wissen musst: Wenn dein Hund plötzlich Dinge vergisst, sich komisch verhält, nicht mehr erkennt, wer du bist – dann ist das vielleicht nicht Altersstarrsinn. Dann ist das vielleicht Demenz.
Und weißt du was? Das ist nicht deine Schuld. Auch nicht seine. Das ist einfach Leben. Und Altern. Und das tut manchmal weh.
Hier jetzt doch eine Liste, damit du die Symptome besser einordnen kannst
- Desorientierung: Hunde finden nicht mehr zur Tür hinaus oder bleiben hinter dem Sofa stehen
- Verändertes Sozialverhalten: Sie begrüßen ihren Halter nicht mehr oder verweigern Streicheleinheiten
- Veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus: Die Tiere sind nachts wach, wollen ständig hinaus
- Verlust der Stubenreinheit: Hunde machen in die Wohnung
- Ängstlichkeit: Sie zittern, jaulen oder winseln
- Veränderte Aktivität: Sie sind bis zur Erschöpfung in Bewegung (Drangwandern)
- Vergessen: Hunde vergessen erlernte Kommandos, können diese nicht mehr ausführen
Was hilft? Herz, Ruhe und… gutes Futter
Ich sag’s dir ehrlich: Ich bin keine Tierärztin. Aber ich bin ein Mensch mit Bauchgefühl und Wissen. Und eins habe ich gelernt: Liebe hilft. Geduld hilft. Und verdammt nochmal – das richtige Futter hilft auch. Ich selber schwöre auf natürliche, frische Ernährung bei meinen Hunden. Nicht erst seit gestern, sondern seit ich gemerkt hab, das Trockenfutter vielleicht doch nicht das gelbe vom Ei ist.
Dieser alte Hund bekommt Fischöl, seit er bei meiner Freundin ist. Omega-3 aus Algenöl (gut fürs Denken). Dazu gutes Gemüse, frisches Fleisch und Fisch (leicht gedünstet, da so besser verträglich für den alten Herren) und ja – auch mal einen Löffel Kokosöl. Nicht weil’s hip ist, sondern weil’s wirkt. Und weil sein Darm und sein Hirn es mögen.
Ich habe gelesen das MCTs – das sind diese mittelkettigen Fettsäuren – dem Hirn Energie liefern können. Und das klingt für mich nach einem Hoffnungsschimmer.
Kein Ende in Sicht – aber neue Wege
Ich weiß nicht, wie lange dieser Hund noch bei meiner Freundin ist. Vielleicht ein Jahr. Vielleicht drei. Vielleicht nächste Woche nicht mehr. Aber ich weiß: Wir geben ihm den besten Lebensabend, den wir geben können. Wir kraulen ihn mehr, wir grummeln weniger und wir erklären ihm manchmal die Welt neu – auch wenn er sie schon tausend Mal gesehen hat.
Und manchmal, wenn er schläft, schauen wir ihm zu. Wie früher. Als er noch ein Welpe war. Und ich wünsch mir, dass er genau jetzt träumt. Von Wiesen. Von Bällen. Von Abenteuern.
Was ich dir sagen will
Wenn dein Hund vergesslich wird, dann verzweifle nicht. Sieh es als Einladung. Zum Hinsehen. Zum Fühlen. Zum Dasein. Ja, Demenz ist Mist. Aber sie kann uns auch zeigen, wie stark unsere Verbindung wirklich ist. Ob wir auch dann noch lieben können, wenn der andere uns vergisst.
Und glaub mir: Auch wenn dein Hund nicht mehr weiß, wie du heißt – sein Herz kennt dich noch. Immer.