Wenn gesund krank macht
Die Geschichte eines Avocado-Salates und einer Frau, die nur gesund leben wollte
Es war einer dieser Tage, an denen du denkst: Jetzt mach ich’s richtig.
Avocado, ein bisschen fermentiertes Gemüse, ein Dressing mit Apfelessig, weil die Darmflora will ja auch was vom Kuchen – metaphorisch gesprochen. Ich war stolz. Mein Essen sah aus wie aus dem Instagram-Feed einer dieser Ernährungscoaches, die einem auch noch beibringen, wie man im Kopf „leicht“ bleibt.
Inhalt
Was danach kam, war alles – nur nicht leicht.
Ich saß da, meine Zunge kribbelte und mein Gesicht lief rot und heiß an. Mein Herz raste wie nach einem 1000 m Sprint und meine Haut fing an zu jucken, als würde mein Körper sagen: Sag mal, was machst du da eigentlich mit mir?
Und ich wusste es nicht.
Ich wusste nur: Der Salat war doch gesund.
Oder?
Der Anfang vom Ende
(zumindest dachte ich das)
Du musst wissen, ich hab’s wirklich gut gemeint. Ich war nie Fan von Tütensuppen oder Tiefkühlpizzen. Ich mochte schon immer lieber das Echte. Das Unverfälschte. Dinge, die noch wussten, wo sie gewachsen sind.
Ich war verliebt in Gemüse. Ich fand Kräuter poetisch. Ich war diejenige, die dir in der Küche erklären konnte, warum frische Petersilie nicht nur Deko ist.
Und dann saß ich da mitten beim Essen und fühlte mich wie ein kaputter Computer, bei dem das Betriebssystem ruckelt. Nicht komplett abgestürzt, aber kurz davor.
Das Licht war zu grell, das Gerede meines Mannes zu laut, meine Gedanken wie auf der Überholspur – ohne Bremse. Ich war gereizt, erschöpft und so müde, dass ich nicht mal schlafen konnte.
Das Spiel beginnt:
Fachbücher, Diagnose-Roulette, Verzweiflung
Ich suchte „Avocado Unverträglichkeit“, dann „fermentiertes Gemüse Kopfschmerzen“, dann „gesundes Essen macht müde“.
Und irgendwann stieß ich auf ein Wort, das mich traf wie ein Schlag: Histamin.
Und noch eins: DAO.
Dann: MTHFR.
Und da war es – dieses Gefühl, dass ich gerade ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlug, von dem ich nie gedacht hätte, dass es existiert.
Ein Kapitel mit Enzymen, Genen, Nervensystemen, Darmbarrieren und dem Wissen, dass mein geliebter Avocado-Salat vielleicht nicht mein Freund war, sondern mein größter Trigger.
Ich dachte, ich dreh durch
Es war nicht nur der Bauch. Es war dieses Gefühl, dauerhaft unter Strom zu stehen.
Als würde mein Körper in einem Raum voller Neonlicht leben.
Als gäbe es keine Pause-Taste mehr.
Und die Nächte? Die waren mein persönlicher Horrorfilm. Einschlafen ging fast nicht mehr und wenn ich doch eindöste war ich um 2:37 Uhr wach. Immer.
Herzrasen. Gedankenkarussell. Kein Schlaf in Sicht. Und morgens fühlte ich mich, als hätte mich ein Lastwagen überrollt – der Rückwärtsgang war inklusive.
Aber das Schlimmste war: Ich fühlte mich allein.
Kein Arzt konnte mir helfen. Die Blutwerte waren „völlig in Ordnung“.
Ich solle „mal ein bisschen entspannen“, hieß es. Vielleicht „ein …“.
Ich fing an, an mir zu zweifeln. An meinem Gefühl. An meiner Wahrnehmung.
Bis ich irgendwann kapierte: Nicht ich bin das Problem. Sondern mein Körper braucht was anderes.
Der Wendepunkt
Ich begann, meinem Körper zuzuhören. Und zwar wirklich.
Ich beobachtete. Ich schrieb auf. Ich stellte um. Nicht radikal, sondern liebevoll.
Ich ließ das Fermentierte erstmal weg. Die Avocado. Den Apfelessig. Ich nahm die Selbstvorwürfe raus und setzte Achtsamkeit rein.
Und siehe da: Mein Bauch wurde stiller. Mein Herz ruhiger. Mein Kopf klarer.
Das war der Moment, an dem ich wusste:
Ich bin auf dem richtigen Weg.
Nicht weil ich alles verstand – sondern weil ich endlich wieder mich selbst spürte.
Und heute?
Ich schreibe dir das hier nicht, weil ich am Ziel bin.
Ich schreibe, weil ich angefangen habe zu gehen.
Und weil ich glaube, dass du vielleicht gerade genau da bist, wo ich war.
Verwirrt. Überfordert. Voller Fragen. Vielleicht wütend auf deinen Körper, weil er nicht „funktioniert“, obwohl du doch nur Gutes willst.
Ich versteh dich.
Und ich verspreche dir: Es wird besser.
Nicht über Nacht. Aber über Zeit.
Mit Geduld. Mit Neugier. Mit Mut.
Dies ist Folge 1 meiner Serie über Histaminintoleranz, Genetik und den steinigen, aber echten Weg zurück zu mir selbst.
Folge 2 heißt: „Das Histamin-Monster – Was dein Körper eigentlich will“.
Da erzähle ich dir mehr über diesen kleinen Botenstoff, der mein Leben mal eben komplett auf links gedreht hat.
Bis dahin: Halt durch.
Du bist nicht verrückt. Du bist wach.
Und das ist der Anfang von allem.